
Der Oldschdod Talk Folge 38 – Podcast mit Philipp Köster von 11 Freunde (Teil 2)
10. April 2025
2:2 gegen die U23 des FC Augsburg sichert Altstadt Tabellenplatz zwei
12. April 2025Dr. Nicole Kalemba im Interview – nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und Leidenschaft für den Fußball
Seit dem 01. Juli 2024 steht Dr. Nicole Kalemba an der Spitze der SpVgg Bayreuth – als Geschäftsführerin, Gestalterin und Gesicht einer neuen Ära. Mit 36 Jahren ist sie derzeit die einzige Frau in der alleinigen Geschäftsführung eines Vereins in den ersten vier Ligen Deutschlands. Im Interview spricht sie offen über wirtschaftliche Herausforderungen, erste intensive Monate im Amt und die Bedeutung von klarer Strategie und nachhaltigem Wachstum. Ein Gespräch über Mut, Struktur – und echte Leidenschaft für den Fußball und die Oldschdod.

Nicole, seit dem 01. Juli 2024 bist Du offiziell Geschäftsführerin der SpVgg Bayreuth. Wie blickst Du auf die ersten Monate zurück?
Die ersten Monate waren intensiv, fordernd – aber auch unglaublich lehrreich. Es ging sofort richtig los: wirtschaftliche Herausforderungen, strategische Weichenstellungen und gleichzeitig das operative Tagesgeschäft. Aber genau das habe ich gesucht. Verantwortung übernehmen, gestalten, entwickeln. Es war bis jetzt keine einfache Zeit, aber ich bereue keine Sekunde.
Du bist nicht nur Geschäftsführerin der SpVgg Bayreuth, sondern führst auch in deinem Hauptberuf ein Team über drei Standorte – mit rund 180 Kilometern Distanz zwischen beiden Tätigkeiten. Wie gelingt es Dir, beides unter einen Hut zu bringen und dabei fokussiert und strukturiert zu bleiben?
Ganz ehrlich: Manchmal frage ich mich das auch! (lacht) Aber im Ernst – es funktioniert, weil ich klare Abläufe habe und gelernt habe, diszipliniert abzuschalten. Natürlich hilft es auch, dass ich ein großartiges Team hinter mir habe, das mitzieht. Es ist eine Frage der Haltung: Fokus, Struktur und Verbindlichkeit sind in beiden Aufgaben entscheidend. Und ja, 180 Kilometer Entfernung fordern ein gutes Zeitmanagement – aber wenn man für beides brennt, dann findet man Wege, keine Ausreden.

Wie eng ist der Austausch mit dem Trainerteam?
Sehr eng. Wirtschaft und Sport können nicht losgelöst voneinander funktionieren. Wir stimmen uns fast täglich ab – nicht nur über operative, sondern auch über strategische Themen wie Nachwuchsentwicklung oder Infrastruktur. Wir haben alle dasselbe Ziel: einen erfolgreichen, wirtschaftlich gesunden und nachhaltigen Verein.
Erst nach einigen Wochen nach Deinem Amtsantritt wurde Dir das tatsächliche Ausmaß der wirtschaftlichen Lage klar. Am 13. Februar bist Du dann mit einer Crowdfunding-Aktion an die Öffentlichkeit gegangen, um Unterstützung zu mobilisieren. Wie kam die Idee zur Crowdfunding-Aktion zustande?
Die Idee entstand aus dem Wunsch, unsere Fans, Mitglieder und die gesamte Region aktiv einzubinden. Wir wollten bewusst einen anderen Weg gehen – weg vom reinen Bitten um Unterstützung, hin zu einem Mitmachprojekt über eine FIFA-lizenzierte Plattform. Das Crowdfunding war für uns ein Instrument, nicht nur finanzielle Mittel zu generieren, sondern auch Gemeinschaft und Identifikation zu stärken.
Wie bewertest du den bisherigen Verlauf, gerade in Anbetracht des zunächst verhaltenen Starts? Und wie hast du die vergangenen Wochen emotional und organisatorisch erlebt?
Der Start war ehrlich gesagt holprig. Ich glaube, viele mussten sich erst einmal mit dieser etwas ungewohnten Art des Crowdfundings auseinandersetzen – mit Paketen, Plattform, Zahlungsabwicklung und allem, was dazugehört. Das hat anfangs für Unsicherheit gesorgt. In den ersten Tagen nach dem Launch ist mein E-Mail-Postfach regelrecht explodiert – ich habe täglich 300 bis 400 Nachrichten bekommen, von Fragen über Unterstützung bis hin zu ganz persönlichen Geschichten. Aktuell sind es immer noch rund 100 Mails pro Tag – also deutlich weniger, aber immer noch sehr viel, hier gehören aber auch operative Themen dazu.
Trotzdem war und ist diese Aktion unglaublich wertvoll. Auch wenn wir das Ziel von 500.000 Euro noch nicht erreicht haben, ist so viel in Bewegung gekommen. Der Support, der Zuspruch und die Kreativität aus der Fanszene und von einzelnen Sponsoren haben mich wirklich beeindruckt. Diese Energie, dieser Zusammenhalt – das ist das, was den Verein ausmacht.

500.000 Euro – das ist eine beachtliche Summe. Wie ist dieser Betrag überhaupt entstanden? Welche Faktoren haben dazu geführt?
Diese Summe ist das Resultat mehrerer, teils über Jahre entstandener Entwicklungen. Ein zentraler Punkt war sicher der Auf- und direkte Abstieg aus der 3. Liga – dieser war nicht nur sportlich schmerzhaft, sondern auch wirtschaftlich äußerst kostspielig. Durch vielleicht überambitionierte Budgetplanungen blieben nach dem Abstieg wichtige Einnahmen aus – insbesondere aus TV-Geldern, Sponsoring und Ticketing – während bestimmte Kostenstrukturen zunächst bestehen blieben.
Hinzu kamen langfristig gewachsene strukturelle Defizite, etwa durch gestiegene Betriebskosten, höhere Beiträge zur Berufsgenossenschaft sowie ein allgemein angespannter wirtschaftlicher Rahmen, der sich auch auf Sponsoren- und Zuschauereinnahmen ausgewirkt hat. Diese Schieflage hat sich nicht plötzlich ergeben, sondern sich über Jahre schleichend aufgebaut – und wir stehen jetzt vor der Aufgabe, diesen Rückstand nicht nur aufzuholen, sondern auch die Strukturen so zu verändern, dass sich so etwas nicht wiederholt.

Gab es nach dem öffentlichen Hilferuf Signale von anderen Vereinen für Unterstützung – beispielsweise durch Benefizspiele oder Trikotaktionen? Und hatte der Aufruf von Oberbürgermeister Thomas Ebersberger einen spürbaren Effekt?
Ja, tatsächlich haben wir nach dem öffentlichen Aufruf sehr viel Solidarität erlebt – sowohl aus der Region als auch aus dem bundesweiten Fußballumfeld. Besonders gefreut haben uns mehrere Spendenaktionen, wie zum Beispiel die unglaublichen Aktionen in Fürth und die Zusendung von handsignierten Trikots, teils sogar von Bundesliga-Clubs, die wir im Rahmen der Crowdfunding-Kampagne für Versteigerungen einsetzen werden. Auch kleinere Vereine haben sich gemeldet und Unterstützung angeboten. Das zeigt, wie stark das Netzwerk im Fußball nach wie vor funktioniert, wenn es darauf ankommt.
Der Appell von OB Thomas Ebersberger hat definitiv etwas bewegt. Zum einen war es ein wichtiges politisches und emotionales Signal in Richtung Stadtgesellschaft, zum anderen hat er medial für zusätzliche Aufmerksamkeit gesorgt – und damit auch neue Unterstützer aktiviert. Solche Impulse sind enorm wichtig, um in der öffentlichen Wahrnehmung sichtbar zu bleiben.
Vision 2030. Kannst Du Einblicke geben, was diese beinhaltet?
Die Vision 2030 soll unser strategischer Kompass für die nächsten Jahre sein. Es geht darum, die SpVgg Bayreuth wirtschaftlich stabil, sportlich konkurrenzfähig und gesellschaftlich relevant aufzustellen – und das langfristig. Konkret heißt das: Wir wollen die Einnahmestruktur breiter aufstellen, moderne Sponsoring- und Marketingkonzepte umsetzen, unsere Marke weiterentwickeln und digitaler denken.
Im sportlichen Bereich setzen wir auf gezielte Nachwuchsförderung, die Etablierung klarer Strukturen im Leistungsbereich sowie die Schaffung eines modernen, leistungsfördernden Umfelds für Spieler und Trainer.
Aber auch der gesellschaftliche Auftrag des Vereins ist Teil der Strategie: Wir wollen stärker mit Schulen, Unternehmen und der Stadt zusammenarbeiten und so eine tiefere Verwurzelung in der Region erreichen. Und natürlich denken wir auch digital – der Ausbau der Online-Kommunikation und der Aufbau einer markenstarken, emotionalen Vereinsidentität spielen eine tragende Rolle.
All das basiert auf drei Säulen: unserer gelebten Tradition, wirtschaftlicher Vernunft und sportlicher Bodenständigkeit mit klarer Leistungsorientierung. Diese Strategie ist kein statisches Dokument, sondern ein dynamischer Fahrplan, den wir regelmäßig überprüfen und an neue Entwicklungen anpassen möchten.
So ein großes Projekt wie die wirtschaftliche Stabilisierung der SpVgg erfordert viel Manpower. Wie groß ist das Team, das dich aktuell unterstützt – auch im Hinblick auf Sponsoring, Kommunikation oder Social Media?
Die ehrliche Antwort: Die tägliche Verantwortung liegt in weiten Teilen bei mir, und natürlich sind die Aufgaben sehr vielfältig – von strategischen Themen wie Sponsoring und Finanzen über operative Dinge wie Social Media, Grafiken, Kommunikation, die Stadionzeitschrift bis hin zu sportlich-organisatorischen Fragen. Das alles unter einen Hut zu bekommen, ist herausfordernd – aber ich mache es mit voller Überzeugung.
Gleichzeitig wäre das alles ohne die Unterstützung vieler engagierter Menschen nicht zu bewältigen. Ich habe einen kleinen, aber verlässlichen Kreis an Mitarbeitenden: Eine helfende Person im Marketing, einen Werkstudenten sowie zwei Personen die sich mit großem Einsatz um das Team und das direkte sportliche Umfeld kümmern, zudem ein tolles Trainerteam. Darüber hinaus gibt es viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die im Hintergrund enorme Arbeit leisten – sei es bei Heimspielen, im organisatorischen Bereich oder in der täglichen Vereinsarbeit. Diese Unterstützung ist unbezahlbar und ein ganz wichtiger Teil unseres Fundaments.
Auch in Bereichen wie Buchhaltung, Steuerwesen oder Rechtsfragen kann ich auf fachlich versierte Personen sowie auch externe Unterstützung zählen, was eine große Entlastung bedeutet.
Aber klar ist auch: Wenn wir langfristig wachsen und unsere Vision 2030 realisieren wollen, müssen wir uns personell wie strukturell breiter aufstellen.

Wie wichtig ist Dir der Austausch mit den Fans?
Sehr wichtig. Die Fans sind das Herzstück dieses Vereins. Ohne sie geht nichts. Ich wünsche mir einen ehrlichen, direkten Dialog – auch bei kritischen Themen. Wir müssen als Verein sichtbar, ansprechbar und offen bleiben – nur so entsteht Vertrauen.
Zwei Fragen zum Schluss: Was wünscht Du Dir für die Zukunft der SpVgg Bayreuth und wer ist Nicole Kalemba, wenn Sie nicht am Rasenplatz steht?
Dass wir – Fans, Team, Partner und Verantwortliche – gemeinsam an einem Strang ziehen. Wenn uns das gelingt, bin ich überzeugt, dass wir nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich gestärkt aus dieser Zeit hervorgehen. Die SpVgg Bayreuth hat enormes Potenzial – es liegt nun an uns allen, es zu entfalten.
Wenn ich nicht mit dem Fußball beschäftigt bin oder im anderen Unternehmen arbeite, mache ich gerne Sport, treffe mich mit Freunden und Familie, koche oder mache sehr gerne Musik.
Vielen Dank für das Gespräch Nicole sowie viel Erfolg bei Deiner anspruchsvollen Arbeit für unsere Oldschdod!

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