Die 1990er Jahre
Zwischen den Welten
Für die Altstadt beginnt die letzte Dekade des Jahrtausends mit einem Schock: Im Februar 1990 stirbt Hans Wölfel völlig überraschend im Alter von nur 51 Jahren. Sofort ist klar, dass der Verein, der gerade seinen Präsidenten und Finanzier verloren hat, schweren Zeiten entgegenblickt – der Abstieg aus der 2. Bundesliga und eine Darlensforderung in Höhe von 500.000 Mark durch Wölfels Erben verschärfen die Situation zusätzlich.
Da das Interims-Duo um Wilhelm Sutter und Eugen Schiller den Verein mit viel Einsatz am Leben hält, kann aber weiter Fußball gespielt werden – wenn auch nicht besonders erfolgreich. Nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga verabschieden sich zahlreiche Leistungsträger, dennoch denkt vor der Saison kaum einer an die Möglichkeit, direkt in die Landesliga durchgereicht zu werden. Am Ende kann man die Bayernliga in der Relegation über Siege gegen Frohnlach und Gundelfingen halten, wobei zweimal Heinz Schneider zum Matchwinner avanciert. Es soll nicht die letzte Relegation in diesem durchwachsenen Jahrzehnt bleiben – die letzte enttäuschende Spielzeit auch nicht.
Nach einem neunten Platz in der Saison 1991/92 startet die Altstadt mit hohen Erwartungen in die dritte Bayernliga-Spielzeit, immerhin verfügt die Mannschaft über hoffnungsvolle Talente wie Michael Hofmann und Heiko Gröger, mit Klaus Gebhardt, Aleksandar Abutovic, Heinz Schneider und Frank Türr finden sich zudem einige Routiniers mit Zweitliga-Erfahrung im Team. Doch diese Erwartungen werden bitter enttäuscht: In den ersten zwölf Spielen gelingt nur ein einziger Sieg, nach der Hinrunde sind es deren drei; am Ende schafft man den Klassenerhalt durch einen Sieg im letzten Heimspiel gegen den bereits als Meister feststehenden TSV 1860 München – und dank Schützenhilfe des VfL Frohnlach.
Relegation um den Regionalliga-Aufstieg
1993/94 misslingt die Qualifikation für die neue Regionalliga – aufgrund der schwachen Platzierungen in den beiden Vorjahren war es faktisch unmöglich, unter die sechs Teams zu kommen, die aus der Bayernliga in die Regionalliga vorrückten -, doch im Jahr darauf gibt es für die SpVgg-Anhänger endlich wieder Grund zum Jubeln. Zunächst wird durch einen außergerichtlichen Vergleichs der Konkurs abgewendet, in der Saison 1994/95 erreicht man, mit Rückkehrer Werner Thomas und dem aus der Saas gekommenen Jörg Pötzinger, hinter Wacker Burghausen immerhin den zweiten Platz und hat über die Relegation die Chance auf den Aufstieg. Gegen den VfR Pforzheim scheitert man aber krachend, am Ende unterliegt man mit 0:4.
Zwei Jahre später geht es dann schon wieder in die Relegation – dieses Mal aber wieder um den Ligaverbleib. Dort besiegelt das 1:2 gegen Jahn Regensburg den Absturz in die fünftklassige Landesliga. Ein Jahr nach dem 75. Jubiläum ist die SpVgg Bayreuth am Boden.
Überraschender Wiederaufstieg – doch es geht wieder runter
Nicht wenige erwarten vor der Landesliga-Spielzeit 1997/98, in die Trainer Klaus Gebelein eine blutjunge Mannschaft schickt, dass die Altstadt direkt in die Bezirksliga durchgereicht wird. Doch Spielern wie Markus Praschil, Timo Füßmann, Sandro Rehm, Klaus Steinlein, Thomas Helldörfer oder natürlich Werner Thomas (27 Tore) gelingt, nach einem Sieg im „Endspiel“ beim Würzburger FV am letzten Spieltag, unerwartet die Rückkehr in Liga 4 – aus der man aber direkt als Vorletzter wieder absteigt.
Das Jahrzehnt endet in der fünftklassigen Landesliga – und das gleich in mehrfacher Sicht tragisch. Armin Eck, vor der Saison 1999/2000 eigentlich als Spielertrainer verpflichtet, reißt sich bei einem Pokalspiel auf Bezirksebene das Kreuzband und absolviert kein weiteres Spiel für die Altstadt; in der Landesliga reichen 107 Tore (50 davon von Werner Thomas!) nicht für den Aufstieg, als Tabellenzweiter hinter dem 1. FC Sand geht es – wieder einmal – in die Relegation; dort kommt es gegen den MTV Ingolstadt zum absoluten Fiasko, die entscheidende Partie wird mit 0:6 verloren.
Die Rückkehr in die Landesliga wird erst eine Saison später gelingen – und die Jahre darauf werden so manche dunkle Erinnerung aus den 1990er Jahren vergessen machen.
Prägende Personen
- Udo Konradi
- Klaus Gebhardt
- Heinz Schneider
- Michael Hofmann
- Klaus Steinlein
- Jörg Pötzinger
- Heiko Gröger
Große Spiele
- SpVgg Bayreuth – TSV 1860 München 3:2 (Bayernliga, 1992/93)
Vor 2.500 Zuschauern gewinnt die Altstadt am vorletzten Spieltag gegen den alten Rivalen, der bereits als Aufsteiger feststeht, und verhindert damit den eigenen Abstieg in die Landesliga.
- SpVgg Bayreuth – FC Bayern Hof 3:0 (Bayernliga, 1994/95)
Zum ersten Mal seit über zehn Jahren kommt es zum oberfränkischen Derby. Und auf dem Platz ist entsprechend Feuer drin: Schon zur Pause sind zwei Hofer mit Gelb-Rot vom Feld geflogen, die Altstadt führt da durch einen Elfmeter von Libero Bayer bereits mit 1:0. Nach der Pause legt Preis das 2:0 nach, ehe Renner in der 65. Minute für die Altstadt vom Feld fliegt. Ein weiterer Foulelfmeter von Bayer in der 70. Minute sorgt für den 3:0-Endstand.
- Würzburger FV – SpVgg Bayreuth 1:2 (Landesliga Nord, 1996/97)
2.300 Zuschauer sind in Würzburg zum Showdown zu Gast – am letzten Spieltag trifft der Zweite auf den Ersten! Würzburg kann mit einem Sieg noch an der Altstadt vorbeiziehen und geht in der 31. Minute auch in Führung. Doch nur zwei Minuten später gleicht Werner Thomas aus. Nach der Pause erzielt Timo Füßmann per Traumtor das 2:1 – die Altstadt kehrt zurück in die Bayernliga!
Die Saisons im Überblick
- 1990/91: Bayernliga (3. Liga)
14. Platz – 41:52 Tore – 26:38 Punkte
Relegation um den Ligaverbleib: 1:0 gegen Frohnlach, 3:0 gegen Gundelfingen
DFB-Pokal: 1. Runde (0:3 gegen Blau-Weiss Berlin) - 1991/92: Bayernliga
9. Platz – 41:50 Tore – 30:34 Punkte - 1992/93: Bayernliga
13. Platz – 47:67 Tore – 25:39 Punkte - 1993/94: Bayernliga
12. Platz – 47:53 Tore – 29:35 Punkte - 1994/95: Bayernliga (4. Liga)
2. Platz – 63:40 Tore – 45:23 Punkte
Relegation um den Aufstieg: 0:4 gegen VfR Pforzheim - 1995/96: Bayernliga
10. Platz – 55:49 Tore – 44 Punkte - 1996/97: Bayernliga
15. Platz – 61:88 Tore – 36 Punkte
Relegation um den Ligaverbleib: 1:2 gegen Jahn Regensburg - 1997/98: Landesliga (5. Liga)
1. Platz – 68:31 Tore – 74 Punkte - 1998/99: Bayernliga (4. Liga)
17. Platz – 41:78 Tore – 28 Punkte - 1999/00: Landesliga (5. Liga)
2. Platz – 107:45 Tore – 77 Punkte
Relegation um den Aufstieg: 0:5 gegen MTV Ingolstadt
Was sonst noch geschah
- Im Lauf der 1990er Jahre gibt es vier Änderungen im Präsidentenamt. Nach Hans Wölfels überraschenden Tod übernehmen Wilhelm Sutter und Eugen Schiller erst interimsweise, Schiller wird später auch offiziell zum ersten Vorsitzenden gewählt. Er wird später von Wolfgang von Götzendorf abgelöst, auf den 1998 schließlich Heinz Wicklein folgt – der das Amt dann für knapp zehn Jahre innehaben wird.
- Geldsorgen bestimmen das gesamte Jahrzehnt. Nach Wölfels Tod und dem Abstieg aus der 2. Bundesliga hat der Verein bereits 1,4 Millionen Mark Schulden, drei Jahre später liegen die Verbindlichkeiten bereits bei 2 Millionen Mark. Nur durch einen außergerichtlichen Vergleich kann der Konkurs abgewendet werden.
- Die Schulden führen auch dazu, dass schließlich das baufällige Stadion auf der Jakobshöhe verkauft wird. Das ist nur möglich, weil die Stadt Bayreuth das Gelände als Gewerbegebiet deklariert und die Brauerei Glenk, Inhaber des größeren Teils des Stadiongrundstücks, ebenfalls zum Verkauf bereit ist.
- Für Schlagzeilen sorgt die Altstadt in dieser Phase auch, weil ein Spieler im Jahr 1995 gleich zweimal die Sparkasse in Mistelbach ausraubt – und dann von der Polizei aus dem Mannschaftsbus geholt wird.