Die 1940er Jahre
Wiederaufbau in Hakenkreuzhosen
(Vielen Dank an Stephan Müller, der den Großteil der Inhalte im Rahmen der Arbeit für das Jubiläumsbuch zusammengetragen hat!)
Bayreuth und ganz Deutschland liegen nach dem 2. Weltkrieg in Trümmern, doch wie im ganzen Land beginnt auch auf der Jakobshöhe rasch der Wiederaufbau: Nachdem die Nazis die Altstädter Fußballer 1933 (damals noch unter dem Namen FSVgg Bayreuth-Altstadt) ausradiert hatten, wurde der Verein am 4. November 1945 zum zweiten Mal gegründet – Hans Pritschet hatte zuvor bei der amerikanischen Militärregierung in der Richard-Wagner-Straße die Wiedergründung beantragt. Die „SpVgg Bayreuth“, wie sie nun heißt, war der erste Verein in der Umgebung, der diese Genehmigung erhielt.
Zwar findet schon eine Woche später gegen den TSV Donndorf das erste Spiel statt, es ist jedoch viel Arbeit notwendig, ehe auf der Jakobshöhe wieder von geregelten Abläufen gesprochen werden kann. Treffend fasst das ein Zitat der Bayreuther Fußballlegende Fritz Semmelmann zusammen: „Alles war verwildert: Die Kassen und Umkleidekabinen waren abgerissen, der Holzzaun verschürt, auf dem Altstädter Platz standen nur noch die beiden Tore. Da haben wir uns gesagt: ‚So, etz fanga ma an‘.“ Insgesamt 96 Personen – 50 „alte“ und 46 „neue“ Mitglieder packen zu Beginn an. 24 Altstädter Fußballer waren im sinnlosen Krieg gefallen, viele sind in Kriegsgefangenschaft.
Ihre ersten Spiele nach der Neugründung absolviert die SpVgg Bayreuth übrigens nicht im traditionellen Schwarz-Gelb, sondern ungewohnt in weißen Jerseys und roten Hosen (siehe Titelbild). Es war eine Ironie des Schicksals: Jene Hosen waren zuvor aus Hakenkreuzfahnen genäht worden – und ein weißes Hemd hatte noch jeder zu Hause. „Wir sind in der Altstadt herumgelaufen, in die Häuser ehemaliger Spieler, die im Krieg gefallen sind oder in Gefangenschaft saßen, haben nach Fußballschuhen, Strümpfen und Trikots gefragt“, erinnert sich Fritz Semmelmann später.
Nach einem Jahr in der fünftklassigen Bezirksklasse Bayreuth spielt die Altstadt ab 1946 in der Gruppenliga Oberfranken Ost (später Kreisliga Oberfranken Ost), in der es nun gegen Mannschaften wie den VfB Helmbrechts, den SV Mitterteich oder den FC Stadtsteinach geht – und natürlich gegen die Lokalrivalen VfB und 1. FC Bayreuth, gegen die es vor dem Krieg keine Pflichtspiele gegeben hatte, immerhin war man in unterschiedlichen Dachorganisationen aktiv gewesen.
Von nun an elektrisieren diese Lokalderbys aber die Bayreuther Bevölkerung. Trotz einiger Achtungserfolge ist die Spielvereinigung aber noch die dritte Kraft in der Stadt – das wird sich im nächsten Jahrzehnt aber ändern …
Prägende Personen
- Der Nachkriegs-Kader
Schill, Füssmann, Hofmann, Karl, Altkofer, Semmelmann, Körper, Schrödel, Thal, Wittauer, Hacker, Böhm, Bubmann, Hamann, Hösch, Krämer, Melzer, Meyer, Pötzinger, Retsch, Schmidt, Täuber, Thannreuther - Rudi Sommerer
Der „Knacker“, dessen Sohn Uwe später in der 2. Liga für Furore sorgt, absolviert im Jahr 1953 bereits sein 250. Spiel für die Altstadt. - Hans Hacker
Der Linksaußen erzielt in 160 Spielen 70 Tore. - Paul Guhl
Der Torwart ist einer der der besten seines Fachs, nicht umsonst wird er später in die Bayernauswahl berufen. - Fritz Semmelmann
Seine fußballerischen Höhepunkte erlebt die Altstädter Legende in den 1950er Jahren, doch schon in den Jahren nach dem Krieg ist der 1928 geborene Außenläufer eine der wichtigsten Personen im Verein.
Große Spiele
- 1945: SpVgg Bayreuth – 1. FC Bayreuth 3:1 (Freundschaftsspiel)
Im mit Spannung erwarteten ersten Derby setzt sich die Altstadt überraschend deutlich mit 3:1 durch – den Rückstand zur Pause drehen Doppelpacker Hösch und Bubmann in einen Sieg.
Die Saisons im Überblick
- 1945/46: Bezirksklasse Bayreuth (5. Liga)
- 1946/47: Gruppenliga Oberfranken Ost (4. Liga)
- 1947/48: Gruppenliga Oberfranken Ost (4. Liga)
- 1948/49: Kreisliga Oberfranken Ost (4. Liga)
- 1949/50: Kreisliga Oberfanken Ost (4. Liga)
10. Platz – 15:27 Punkte
Recherche durch Stephan Müller im Rahmen des Buchs „100 Jahre SpVgg“
Was sonst noch geschah
- In der gesamten Stadt entstehen neue Fußballplätze und Stadien – hervorzuheben ist dabei der 1. FC Bayreuth, der sich an der Röth ein modernes Stadion baut.
- Bis das FC-Stadion fertig ist, trägt der Rivale seine Heimspiel auf der Jakobshöhe aus.
- Auf dem Feld geht es noch recht ruppig zu. Erstaunlich nüchtern schildert dies ein Spielbericht zur Partie beim FC Münchberg vom 29. August 1948: Der Schiedsrichter, der auf den Anstoß zeigte und die Altstädter, eingehakt und glücklich auf die Mitte zugehend, hatten keine Ahnung von dem, was noch kommen sollte. Ein Spieler der Gastgeber kam blitzschnell hinter Semmelmann und trat ihn mit voller Wucht, sodass dieser liegen blieb. Als der Schiedsrichter das merke und den Fall untersuchen wollte, brach auf der anderen Seite Hacker zusammen, ebenfalls durch einen Tritt verletzt. Es war dem Unparteiischen Bender, Kulmbach, nicht möglich, die Täter jeweils festzustellen, weil er es nicht sehen konnte. Fünf Minuten vor Schluss, als Münchberg noch einmal durchbrechen konnte, wurde Sommerer durch einen regelrechten K.O-Schlag ins Gesicht ins Gesicht hingestreckt. Diesmal aber wurde es gesehen und der Münchberger Kilian musste den Platz verlassen. Sommerer lag noch besinnungslos auf dem Platz, als die Zuschauer schon den Schlusspfiff erlebten und den Platz räumten.